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Gerda Sengstbratl

AN-DENKEN

Man darf noch nicht hinein. Jetzt ist noch Gedudel. Man würde das Feingefühl verletzen, ginge man jetzt schon hinein. Allerdings sagt man nicht ‚Feingefühl’.
Ich will in die Mitte des Löwenzahnplateaus. Ich möchte und ich darf erst, wenn Erdäpfel geschält sind und scharf angebraten. Im Zentrum wird von oben aus Drachenmündern Glück auf mich gespuckt. Jetzt ist Dudel-Ende und die Walkjanker, die Strickwesten und die klobigen Schnürschuhe strömen aus dem Inneren. Dicke Lederanzüge steigen auf ihre Motorräder und heulen die Serpentinen aus dem Kessel hinaus.
Ich freue mich schon. Ich bin angemeldet. Es wird still sein und leer.
Nein - jetzt schleicht ein hirschhornknöpfiger Basthut ins Zentrum. Ich darf noch immer nicht hinein. Ich bin gleich dran.
Wenn der Letzte wieder herauskommt, ist meine Zeit.
Ich werde zum Wunder im Bergbecken, zum Opfertrog, zum Lebzelter, zum Jagasaftl. Ich will an-denken und stelle mir vor, wie sie die Kräuter finden und in schweren Bündeln huckepack zur Presse schleppen.
Beim Wunder geht es um den Kern: Um die Rückseite der prächtigen Gewänder. Es geht um die khakifarbene Schirmmütze, die das Strahlen abhält, das blendet. Es geht um die Uniformen der Väter, um Dirndlschürzen und darum, dass gewartet wird, bis endlich alles abgelegt werden kann und wir dann dastehen ganz ohne alles im Rauch von Harzen. Unversehrt. Und eine alte Frau sagt: „Dass wir so einen schönen Himmelfahrtstag haben, heut’!“

Keiner macht mehr aus Wachs*

(*ein Schild in Mariazell) 

Früher war überhaupt alles aus Wachs: Österreich ist aus Wachs gemacht, mein Leben ist aus Wachs gemacht. Die Liebe, die Sonne.

                                                                                                                     Madonna!

 

Die Finger, meine Wörter, mein Schlaf und der Traum.

Keiner macht mehr aus Wachs.

 

Heute ist vieles unsichtbar. 

KEINER
Nein! KeinE! – KeinE!, nicht KeineR! Ich sag’ es zum letzten Mal jetzt! Schau doch! Reiß’ die Augen auf! Es heißt einE und keinE!

(süßlich und einschmeichelnd) Nicht wahr, Madonna?!

 

MACHT
Wir knien vor dem Holz. Wir stehen vor altschwarz Geschnitztem, zerkratzt und gesprungen. Und im Halbkreis schwingt es her und hin über Schneebällen in Vasen und macht etwas: MACHT uns MACHT.

                                                                                              Madonna!

 

MEHR
Ja, schon lang nicht mehr. Zwischen dem Ursprung und jetzt lag die vermaledeite Periode, in der versucht worden ist, das An-denken auszutreiben, die Erinnerung abzuschaffen. Aber schon lange nicht

 mehr.

 

AUS
Es ist aus! Aus ist es.

- Aus was?

Es ist aus.

- Sag!

(leise) Aus Flüstern, aus Tuscheln. Und manchmal im dunklen Zimmer höre ich es und ich halte mein Ohr ran, und es ist aus…

aus Liebe.

  

WACHS
Wachse, wachse, wachse!
Macht.
Wachs’ doch!
Mehr!
Wachs!

KeinE macht mehr aus Wachs!

Windig

abgeschieden herrscht einträchtig Sauwetter und Matsch in der Vornachsaison. Vor den Schlössern hängen Ketten. Gefressen werden Packerlsuppe und lasche Pommes. Die Auslagen sind Tischtuch verhangen, löchrig und ausgebleicht. Die Andenkenbuden leer. Auf der Basilika steht ‚Daham statt Islam!’

Aber echt! Ist doch wirklich!

 

Über dem Kerzensaustall schwebt das Schindeldach, damit nichts mehr rußig wird vom Geglaube. Das Herhalten, das Nachräumen, das Ausleeren erübrigt sich mit dem Wegfall der Saison, seit der Regenbogen verschwand, mit dem Verrecken der letzten Habsburger. Lieber will ich Islam! Will ich das neue Cordoba in Mariazell! Ich will die neuen Riten alter weiser Weiber, die sich wissend wähnen!

Was wir wollen?                                                                                     
Zurecht!
Wogegen?                                                                                                    
Hallali!
Was bleibt?
Walhalla-Lulu! 

Und am Ende: die Grotte. Zum Schluss: ein Wunder ohne Schnickschnack, wenn auf dem Schoß der Frau etwas sitzt. Das Leben. Dann haben wir Hauptsaison.

Aber echt!